Bilanz: AWO-Beratungsstellen im Kreis Höxter stellen ihren Jahresbericht für 2017 vor.
In 20 Jahren ist das Team gewachsen, die Angebote noch stärker vernetzt
Neue Westfälische vom 27.04.2018
Von Silke Riethmüller
Bad Driburg. Im Oktober 1997 wurde die Beratungsstelle für Schwangerschaft, Partnerschaft und Sexualität der Arbeiterwohlfahrt (AWO) gegründet. „Das war damals im Kreis Höxter schon etwas Besonderes, dass es eine solche Beratungsstelle gab“, erinnert sich Kreisgeschäftsführer Wolfgang Kuckuk. In den vergangenen 20 Jahren hat die AWO weitere Beratungsstellen dazubekommen, das Team ist gewachsen, Synergieeffekte sind entstanden, die einzelnen Angebote wurden miteinander vernetzt. „Wir können also inzwischen auf einige Erfahrungen verweisen“, betont Kuckuk.
Im Jahr 2017 führten die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle für Schwangerschaft, Partnerschaft und Sexualität 1.345 Beratungsgespräche. Die Zahl der Ratsuchenden ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. Insgesamt hätten 446 Personen (2016: 460) die Hilfe der AWO-Beratungsstellen in Anspruch genommen. Die meisten davon waren Frauen, 26 Ratsuchende waren männlich. 293 waren Deutsche, davon hatten 63 einen Migrationshintergrund. 151 Ratsuchende besaßen eine andere Staatsangehörigkeit.
In der Konfliktberatung wurden 58 Gespräche mit 53 Frauen geführt. Der größte Anteil sei zwischen 27 und 34 Jahren alt gewesen, gefolgt von der Altersgruppe der 22 bis 26-Jährigen. Zwei Klientinnen waren zum Zeitpunkt der Beratung noch minderjährig. Im Vergleich zu 2016 (60 Frauen/64 Beratungsgespräche) war die Schwangerschaftskonfliktberatung im vergangenen Jahr leicht rückläufig. „Als Hauptgründe für einen Schwangerschaftsabbruch wurden von den Frauen eine schwierige körperliche oder psychische Verfassung genannt, gefolgt von einer finanziell sehr schwierigen Lebenssituation“, erklärt Beate Knievel-Boraucke vom Team der AWO-Beratungsstelle in Bad Driburg. Wirtschaftliche Armut spiele also weiterhin eine große Rolle bei der Entscheidung. „Sehr viele Frauen können von der guten wirtschaftlichen Lage in unserem Land nicht profitieren“, bedauert die Diplom-Sozialarbeiterin.
Die Gruppe der alleinerziehenden Mütter sei zudem deutlich größer geworden. Auch im Jahr 2017 sei die Bundesstiftung „Mutter und Kind“ daher eine wichtige Hilfe für schwangere Frauen in einer Notsituation gewesen, 134 Schwangere erhielten eine finanzielle Unterstützung aus diesen Mitteln, darunter 33 Flüchtlingsfrauen. Seit November 2015 ist es für Schwangere in Erstaufnahmeeinrichtungen möglich, einen Antrag bei der Bundesstiftung zu stellen. „Auch schwangere Frauen, die in den zugewiesenen Städten ihr Asylverfahren abwarten, können eine finanzielle Unterstützung durch die Stiftung erhalten“, so Isabell Schröder. Die Erziehungswissenschaftlerin ist seit September 2016 mit im Team der Beratungsstelle und berät geflüchtete Frauen in Bad Driburg.
Die durchschnittliche Hilfe betrug 456 Euro. „Im Vergleich zu 2016 wurden im vergangenen Jahr 28 Anträge mehr gestellt“, sagt Diplom-Sozialpädagogin Silke Niggemann-Boffer. Dies zeige, dass immer mehr Schwangere über ein sehr geringes Einkommen verfügen. 42 Frauen erhielten über die AWO zudem Mittel aus dem Familienplanungsfond des Kreises Höxter als Zuschuss für ein Verhütungsmittel, wie Hormonspirale oder die Pille.
Neben der Vermittlung einer finanziellen Unterstützung benötigten aber auch immer mehr Eltern und Familien aufgrund gestiegener Belastungen effektive und längerfristige Begleitung in ihrer ganz speziellen Lebenssituation. „Die Problemlagen sind viel komplexer geworden“, betont Niggemann-Boffer.
Ein immer wichtiger werdendes Thema sei zudem Gewalt gegen Frauen. „Eine Schwangerschaft oder die Geburt eines Kindes können der Auslöser einer Gewaltspirale sein“, weiß Mareike Stöver von der AWO-Frauenberatungsstelle für den Kreis Höxter. Seit Januar 2017 verstärkt die examinierte Hebamme und Sozialpädagogin stundenweise das Team der Schwangerenberatungsstelle. „Es ist also wichtig, dass die Gesellschaft bei diesem Thema noch genauer hinsieht und hinhört“, unterstreicht Stöver.
„Die Teams in unseren Beratungsstellen leisten eine großartige Arbeit“, betont auch AWO-Kreisvorsitzender Paul Arens. Dafür gebühre ihnen ganz besonderer Dank und Anerkennung.